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*** Ploberger, Florian: Tibetische Rezeptur aus Sicht der TCM PADMA 28 Qi Zeitschrift für Chinesische Medizin 2 (2014). Verlag Systemische Medizin. Berlin, 56-61

Tibetische Rezeptur aus Sicht der TCM

Die Traditionelle Tibetische Medizin (TTM) wird, ebenso wie die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), auch ausserhalb Asiens immer beliebter. In diesem Artikel sollen nun erstmalig die Rezepturen PADMA 28 und PADMA CIRCOSAN aus Sicht der TCM-Phytotherapie beschrieben werden.
Die Beschreibung dieser Präparate ist insofern von Interesse, als dass in den beiden traditionellen Medizinsystemen vollständig unterschiedliche Konzepte und somit auch differierende Beschreibungen der verwendeten Arzneimittelmischungen bestehen.
Ziel dieses Artikels ist es, die oben angeführte tibetische Rezeptur aus Sicht der TCM detailliert zu beschreiben und somit einen Brückenschlag zwischen der TCM und der TTM herzustellen.

Pharmakologische Prinzipien der TCM

Wenn es bei der Beschreibung der einzelnen Pflanzen in der TCM und TTM im Detail manchmal Differenzen gibt, so ist dies zu begrüssen, da man diese Unterschiede als Diskussionsgrundlage ansehen kann.
Im Unterschied zur TTM, welche hauptsächlich den Ort, an dem eine Pflanze wächst, den Geschmack, das makroskopische Aussehen einer Pflanze sowie astrologische Aspekte bei der Beschreibung einer Pflanze berücksichtigt, besticht die TCM durch exakte Beschreibung der in ihrer Materia Medica vorkommenden Pflanzen. So werden neben Geschmack, thermischer Wirkung und Organzuordnung jeweils auch die speziellen Wirkungen sowie die empfohlenen Tagesdosierungen angegeben. Eine weitere Stärke der traditionellen chinesischen Ärzte war es, über die Beschreibung der Einzelkräuter hinaus, Rezepte zusammenzustellen, deren Aufbau durch eine wunderbare Präzision besticht. So kommen in den meisten TCM-Rezepturen folgende Bestandteile vor: Kaiserkräuter, Ministerkräuter, Polizeikräuter sowie Botenkräuter.
An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass bei verschiedenen Pflanzen in Abhängigkeit davon, wo sie gewachsen sind, welchen Witterungsbedingungen sie ausgesetzt waren, zu welchen astrologischen Konstellationen sie geerntet wurden etc. eine unterschiedliche Wirkung zu beobachten ist.
Tibetische Arzneimischungen, die in den meisten Fällen in Form von Pillen oder Pulvern verabreicht werden, enthalten mehr Einzelbestandteile als die klassischen TCM-Rezepturen. Tibetische Pillen, die 50 oder gar mehr Einzelbestandteile beinhalten, sind keine Seltenheit. Diese verschiedenen Bestandteile früher wurden neben Pflanzen und Mineralien auch tierische Wirkstoffe verwendet, die in der heutigen Zeit aber aus ethischen Überlegungen und aus Gründen des Artenschutzes nicht mehr verwendeten werden haben oft stark differierende Geschmäcker, thermische Wirkungen sowie Funktionen. Durch diese Vorgehensweise sind tibetische Mischungen in ihrer Wirkung sehr ausgewogen und damit nebenwirkungsarm.
Interessanterweise gibt es in der TTM nicht die in der TCM übliche Vorgangsweise, klassische Rezepturen individuell an den jeweiligen Patienten anzupassen bzw. durch Hinzufügen oder Weglassen einzelner oder mehrerer Bestandteile zu variieren. Als Begründung wird der grosse Respekt vor den Verfassern der alten Texte bzw. Ehrfurcht vor dem Medizin-Buddha, auf den die TTM zurückzuführen ist, angegeben. Ein Grossteil der heutzutage in Tibet bzw. im Exil praktizierenden TTM-Ärzte verwendet in der täglichen Praxis 100 bis 150 verschiedene Mischungen, die nicht individuell an den Patienten angepasst werden, sondern einer fixen Rezeptur folgen. Jedoch werden verschiedene Rezepturen dem Patienten entsprechend zusammengestellt. Diese Kombination wird über den Behandlungszeitraum dem Krankheitsverlauf angepasst und verändert. Die verwendeten Mischungen stammen aus diversen klassischen Texten. Es gibt jedoch in der TTM ein Argument, welches es dem Arzt ermöglicht, auch die Rezepturen aus überlieferten Texten der Tibetischen Medizin abzuwandeln: Sollten gewisse Bestandteile einer Rezeptur nämlich nicht erhältlich bzw. aus Gründen des Artenschutzes nicht verwendet werden dürfen, dürfen sie substituert werden. Diese Ersatz-Bestandteile werden nach den Kriterien Geschmack und thermische Wirkung ausgewählt und sollten dem zu ersetzenden Bestandteil möglichst ähnlich sein.

Die Rezepturen PADMA CIRCOSAN und PADMA 28

Das in der Schweiz erhältliche Präparat PADMA 28 entspricht dem in Österreich erhältlichen Präparat PADMA CIRCOSAN. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Produkten besteht im Fehlen des Wirkstoffes Aconiti tuberis pulvis im österreichischen Produkt.

Die Indikation für das in der Schweiz zugelassene PADMA 28 lautet Padma 28 wirkt bei Durchblutungsstörungen mit Beschwerden wie Kribbeln, Ameisenlaufen, Schwere- und Spannungsgefühl in den Beinen und Armen, Einschlafen von Händen und Füssen und Wadenkrämpfen. Gemäss Beipacktext handelt es sich bei PADMA CIRCOSAN um ein traditionelles pflanzliches Arzneimittel, welches bei kalten Hände und Füssen mit Kribbeln und bei Wadenschmerzen beim Gehen angewendet wird.

Die Mischungen PADMA 28 und PADMA CIRCOSAN wurden basierend auf der in der Tibetischen Medizin verwendeten Rezeptur mit der Bezeichnung Ga Bur 25 (Campher 25) entwickelt. Die kühle Rezeptur Ga Bur 25 wird in der Tibetischen Medizin eingesetzt, um speziell chronischen Hitze-Erkrankungen im Bereich der Hohl- und Voll-Organe, des Gewebes sowie der Knochen entgegenzuwirken (Dawa 2003: 118).

Verwendete Quellen

Für den vorliegenden Artikel wurden hauptsächlich folgende Wörterbücher zu Rate gezogen:
The New Tibetan-English Dictionary Of Modern Tibetan (Goldstein 2004), Glossary of Standardised Terms (Department of Education/CTA, Termiology Project 2009), Glossary of Standardised Terms, Serial 2 (Department of Education/CTA, Termiology Project 2010), Glossary of Standardised Terms, Serial 3 (Department of Education/CTA, Termiology Project 2011), das Tibetan-English Dictionary of Tibetan Medicine and Astrology (Drungtso 2005), die in tibetischer Sprache erschienenen Werke Das grosse dung dkar Tibetisch-Chinesisch Wörterbuch mit dem tibetischen Titel dung dkar tshig mdzod chen mo (dung dkar blo bsang 'phrin las 2002b), Das grosse Wörterbuch der tibetischen Heilkunde mit dem tibetischen Titel bod lugs gso rig tshig mdzod chen mo (bod rang skyong ljongs sman rtsi khang 2006) sowie Das grosse Tibetisch-Chinesisch Wörterbuch mit dem tibetischen Titel bod rgya tshig mdzod chen mo (krang dbyi sun 2003).
Darüber hinaus kam das Rangjung Yeshe Tibetan-English Dictionary in seiner im Internet zugänglichen Form (Nitharta internatioal 2010), sowie die online Wörterbücher der THL Webseite (THL 2010) zur Anwendung.

Für die botanischen Namen der Pflanzen dienten diverse Informationsquellen. Die Wichtigsten waren: Tibetan Medicinal Plants (Kletter und Kriechbaum 2001), A Clear Mirrow of Tibetan Medicinal Plants, First bzw. Second Volume (Dawa 1999 bzw. 2009), Tibetan Medicine (Molvray 1988), das Dictionary Of Tibetan Materia Medica (Yonten 1998), sowie die in tibetischer Sprache erschienenen Bücher bod kyi gso rig dang a yur we dha krung dbyi'i sman gzhung bcas las bstan b'i skye dngos sman rdzas kyi dpar ris dang lag len btus von Dr. Tsultrim Kalsang (tshul khrims skal bzang 2008) und 'khrungs dpe dri med shel gyi me long von Gawa Dorje (dga' ba'i rdo rjes 1995).

Wenn nicht anders angegeben, folgt die TCM Klassierung der einzelnen Kräuter den Werken von Bensky (1993) und Ploberger (2006 und 2013a).

Charakterisierung der einzelnen pflanzlichen Wirkstoffe in PADMA 28 und PADMA CIRCOSAN aus Sicht der TCM

Die in der TCM übliche Vorgangsweise, Kaiserkräuter, Ministerkräuter, Polizeikräuter sowie Botenkräuter zu definieren, lässt sich auf Arzneimittelmischungen der Tibetischen Medizin nicht direkt übertragen, da die Mischungunen der Tibetischen Medizin in der Regel aus einer grösseren Anzahl von Einzelkräutern bestehen als klassische TCM-Rezepturen.
Möglicherweise lässt sich jedoch ein Kaiserkraut definieren: Hierbei handelt es sich um
D-Camphora (Kristallisat des Campherbaumöls), mit der tibetischen Bezeichnung Ga Bur. Der namensgebende Bestandteil der Rezeptur, Campher ist thermisch kühl und besitzt einen bitteren, scharfen, adstringierenden Geschmack. Anwendungsgebiete sind hauptsächlich Hitze im Bereich der Lunge und des Herzens sowie Kurzatmigkeit. Darüber hinaus wird Campher aufgrund seiner schweisstreibenden Wirkung eingesetzt (tshul khrim skal bzang 2008: 51).

Die Wirkungen der weiteren Bestandteile der Rezeptur:
Kaempferia galanga L. Rhizoma (Kaempferia-galanga-Rhizom) ist ein scharfer, bitterer, adstringierender und thermisch warmer Wurzelstock, der eingesetzt wird, um das Milz-Qi und -Yang zu tonisieren sowie Nahrungsmittel-Stagnationen zu beseitigen (tshul khrim skal bzang 2008: 84).
Bei Saussurea costus (FALC.) LIPSCHITZ, radix (Indische Costuswurzel) handelt es sich um eine scharfe, bittere, thermisch warme Wurzel, welche hauptsächlich den Organen Gallenblase, Dickdarm, Milz sowie Magen zugeordnet wird. Sie wird hauptsächlich verwendet, um das Qi zu bewegen, Schmerzen zu vermindern, Nahrungsmittel-Stagnationen zu beseitigen sowie das Milz-Qi zu tonisieren.
Cetraria islandica (L.) ACHARIUS s.l., thallus (Isländisches Moos) ist süss, bitter, thermisch warm und wird den Organen Lunge sowie Magen zugeordnet. Zu den Funktionen zählen hauptsächlich das Tonisieren von Lungen-Qi und -Yin. Darüber hinaus wirkt diese Pflanze als Expektorans sowie als Mittel gegen eine Umkehrung des Magen-Qi.
Antelaea azadirachta (L.) ADELBERT, fructus (Nimbaumfrucht) besitzt einen scharfen, bitteren Geschmack und ist thermisch warm. Hauptsächliche Anwendungsgebiete sind das Ausleiten von Feuchtigkeit sowie die Regulation der Qi-Zirkulation.
Bei Elettaria cardamomum (ROXB.) MATON var. minuscula BURK., fructus (Kardamomenfrucht) handelt es sich um scharfe, aromatische, thermisch warme Früchte, mit den Organzuordnungen Milz, Magen, Lunge und Dünndarm (Bensky 1993: 217). Diese werden eingesetzt, um das Milz-Yang zu tonisieren, Feuchte-Kälte entgegenzuwirken sowie die Trennungsfunktion des Dünndarmes anzuregen. Hiermit verhindert dieses Arzneimittel eine Verletzung des Qi und trägt dazu bei, dass die gesamte Rezeptur über einen längeren Zeitraum hindurch eingenommen werden kann.
Terminalia chebula RETZ., fructus (Myrobalanenfrucht) besitzt in der Tibetischen Medizin einen grossen Stellenwert. Selbst der Medizin-Buddha hält eine derartige Pflanze in seiner rechten Hand. Da diese Frucht ausser dem salzigen Geschmack sämtliche Geschmacksrichtungen aufweist, kann sie laut traditioneller Sichtweise so gut wie jedes Krankheitsbild behandeln. Thermisch sind die Myrobalanenfrüchte warm (tshul khrim skal bzang 2008: 418).
Pterocarpus santalinus L., lignum (Rotes Sandelholz) ist vom Geschmack her fad, thermisch kühl und wird eingesetzt, um die Diurese anzuregen, das Blut zu kühlen sowie Schwellungen zu reduzieren (tshul khrim skal bzang 2008: 277). Darüber hinaus fördert es die Wundheilung (Men-Tsee-Khang 2011: 245).
Pimenta dioica (L.) MERR, fructus (Nelkenpfeffer) ist scharf, thermisch heiss und weist einen Organbezug zu Milz, Magen sowie Niere auf. Diese Pflanze wird eingesetzt, um das Milz-Yang zu tonisieren sowie Kälte zu vertreiben. Nelkenpfeffer wirkt somit aufgrund der thermisch heissen Wirkung den thermisch kühlen Kräutern als sogenanntes Botschaftskraut entgegen. Darüber hinaus nährt sie das Nieren-Yang, welches ja auch die Basis für die Produktion von Wei-Qi darstellt. Nelkenpfeffer, der zuvor beschriebenen Kardamom, die noch folgenden drei Pflanzen Marmelosfrüchte, Gartenlattich sowie Gewürznelken sind alle thermisch warm oder gar heiss und bewirken, dass die gesamte Rezeptur thermisch als neutral bzw. lediglich leicht kühl anzusehen ist.
Bei der nächsten Pflanze, Aegle marmelos (L.) CORREA, fructus (Marmelosfrucht, bengalische Quitte) handelt es sich um bittere, thermisch warme Früchte, die einerseits eingesetzt werden, um Durchfall zu lindern, sowie andererseits die Wundheilung zu unterstützen (tshul khrim skal bzang 2008: 223). Die Kombination eines bitteren, thermisch warmen Arzneimittels ist aussergewöhnlich. Sie eignet sich hervorragend, das Nieren-Yang zu tonisieren und somit Feuchtigkeit auszuleiten, ohne das Yin zu verletzen.
Calcii sulfas hemihydricus (Calciumsulfat) ist salzig, thermisch kühl, und wird zum Ausleiten von Hitze sowie bei Durchfall eingesetzt.
Aquilegia vulgaris L., herba (Akeleikraut) ist bitter, scharf, thermisch kühl und leitet speziell Feuchte-Hitze aus dem Bereich von Leber und Gallenblase.
Glycyrrhiza glabra L., radix (Süssholzwurzel) kommt in vielen bekannten TCM-Rezepturen vor. Diese süsse, thermisch neutrale Wurzel soll neben dem Bezug zur Milz zu sämtlichen zwölf TCM-Organen eine Organzuordnung aufweisen. Einerseits wird Süssholzwurzel eingesetzt, um das Milz-Qi zu tonisieren, andererseits unterstützt diese Wurzel die Resorption der Bestandteile einer Rezeptur (Bensky 1993: 323). Da diese Wurzel darüber hinaus die oft durchaus unterschiedlichen Wirkungen der diversen Kräuter einer Rezeptur als Polizeikraut harmonisiert, kommt Süssholzwurzel in zahlreichen traditionellen Rezepturen vor. Darüber hinaus verleiht diese Wurzel der gesamten Mischung einen angenehmen, süssen Geschmack. Rezepturen, die über einen längeren Zeitraum hindurch eingenommen werden, beinhalten aus den soeben angeführten Gründen oft Süssholzwurzel.
Plantago lanceolata L. s.l., folium (Spitzwegerichblätter) ist süss, thermisch kühl und leitet Feuchte-Hitze bzw. Hitze aus, ohne jedoch das Yin zu verletzen (Ploberger 2013a: 389), dies im Gegensatz zu bitteren, thermisch kühlen Kräuter.
Bei Polygonum aviculare L. s.l., herba (Vogelknöterichkraut) handelt es sich um ein Yin-Tonikum, welches sowohl den Organen Niere, Lunge, aber auch Milz bzw. Magen zugeordnet wird. Dieses thermisch kühle, vom Geschmack her süsse und leicht salzige Kraut wirkt nicht befeuchtend und kann somit längerfristig zum Tonisieren des Yin verwendet werden. In dieser Rezeptur verhindert Vogelknöterich eine Verletzung von Blut und Yin durch die bewegenden bzw. ausleitenden Kräuter.
Potentilla aurea L., herba (Goldfingerkraut) ist thermisch kühl, weist einen bitteren und süssen Geschmack auf. Einerseits wird es zur Behandlung von Durchfall eingesetzt, andererseits unterstützt es die Wundheilung und kann auch als allgemeines Stärkungsmittel eingesetzt werden.
Das nächste Kraut, Syzygium aromaticum (L.) MERILL et L. M. PERRY, flos (Gewürznelke), weist eine von den bisher betrachteten Kräutern vollkommen unterschiedliche Wirkung auf. Der Geschmack ist scharf, die thermische Wirkung warm (Bensky 1993: 305). Diese Kombination eignet sich zum Tonisieren des Nieren-Yang sowie zum Vertreiben von Magen-Kälte. Tibetische Medikamente enthalten oft Einzelkräuter mit stark divergierenden Wirkungen. Auf diese Art und Weise werden Nebenwirkungen moduliert und die längere Einnahme eines Medikamentes ermöglicht.
Bei Sida cordifolia L., herba (Sidakraut, Sandmalve) handelt es sich um eine thermisch kühle Pflanze, mit leicht bitterem sowie scharfem Geschmack, die eingesetzt wird, um Feuchte-Hitze sowie Hitze auszuleiten.
Valeriana officinalis L.s.l., radix (Baldrianwurzel) ist eine süsse, bittere, scharfe, thermisch neutral Pflanze, welche eingesetzt werden kann, um innerem Wind entgegenzuwirken, den Geist (Shen) zu beruhigen, durch Yin-Mangel bedingte Hitze auszuleiten sowie Qi-Stagnationen im Bereich des Mittleren Erwärmers zu behandeln.
Lactuca sativa var. capitata L., folium (Gartenlattich) ist süss, bitter und thermisch warm. Hierbei handelt es sich um ein Kraut, welches das Lungen-Qi und -Yin nähren kann, gleichzeitig aber auch Schleim-Stagnationen ausleitet. Darüber hinaus kann Gartenlattich auf milde Art und Weise Toxischer-Hitze entgegenwirken. Kräuter, die das Yin nähren, ohne zu befeuchten, sind bei zahlreichen chronischen Krankheitsbildern einzusetzen, ohne dass man Nebenwirkungen befürchten müsste. Ähnlich wirkt die letzte in beiden Mischungen enthaltene Pflanze:
Calendula officinalis L., flos cum calyce (Ringelblumenblütenköpfchen). Mit leicht bitterem, süssem sowie salzigem Geschmack versehen kann diese thermisch neutrale Pflanze eingesetzt werden, um Toxische-Hitze auszuleiten und mild Blut-Stagnationen entgegenzuwirken, ohne das Yin zu verletzen (Ploberger 2013a: 333). Hiermit können Ringelblumenblütenköpfchen bei zahlreichen Wundheilungsstörungen sowie Durchblutungsproblematiken ohne Angst vor Nebenwirkungen eingesetzt werden. Dieses Kraut stellt wieder eine Ausnahme unter den bitteren Kräutern dar. Ringelblumenblütenköfpchen sind im Unterschied zu den meisten anderen bitteren Kräutern nicht kalt bzw. kühl, sondern neutral. Aufgrund des salzigen Geschmackes können sogar auf milde Art und Weise Schleim-Stagnationen ausgeleitet werden.
Abschliessend sei die lediglich in dem Präparat PADMA 28 vorkommende Pflanze, nämlich Aconitus napellum L., tuberis (Eisenhutknollen, 1 mg pro Kapsel, enspr. 0.25 Gew.-% der Wirkstoffmischung ) beschrieben: aus Sicht der TCM ist der Eisenhutknollen vom Geschmack her scharf, thermisch heiss und wird den Organen Herz, Niere sowie Milz zugeordnet. Er wird eingesetzt, um verschwindendes Yang zu retten, das Feuer zu wärmen, Kälte zu vertreiben, im Bereich der Meridiane zu wärmen sowie Schmerzen zu lindern.

Fazit
Aus Sicht der TCM handelt es sich bei PADMA 28 und PADMA CIRCOSAN um thermisch neutrale bzw. leicht kühle, vom Geschmack her scharfe, bittere, leicht aromatische Mischungen, welche eingesetzt werden können, um auf milde Art und Weise Qi- und Blut-Stagnationen auszuleiten, ohne das Yin zu verletzen. Darüber hinaus stärken sie das Milz-Qi und -Yang.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei der Firma PADMA AG für das grosszügige Zurvefügungstellen der Einzelpflanzen sowie der Mischungen für die organoleptischen Proben bedanken, welche ich persönlich vornehmen durfte. Mit Ausnahme von Aconiti tuberis pulvis wurden sämtliche pflanzlichen und mineralischen Wirkstoffe von mir verkostet.


Literatur- und Quellenverzeichnis

In westlichen Sprachen

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*** Wenn Sie sich für Tibetische Medizin interessieren, dann finden Sie hier die Vorträge und Präsentationen am 2. Internationalen Kongress 2013 für Tibetische Medizin in Innsbruck u. a. mit einem Vortrag von Dr. Florian Ploberger
http://www.attm-austria.at/congress-2013.html

*** INSTITUT FÜR SÜDASIEN-, TIBET- UND BUDDHISMUSKUNDE
DER UNIVERSITÄT WIEN. GASTLEHRVERANSTALTUNG
im Rahmen der Vorlesung rGyud bzhi - die vier Tantra der tibetischen Medizin von Dr. Florian Ploberger Dr. Teinlay P. Trogawa

TIBETAN MEDICINE PHYSICAL AND MENTAL HEALTH
Tibetan medicine is an indigenous system of medicine prevalent on the Tibetan plateau. Its main emphasis is to treat a person in a holistic way. That is why importance is given to both the physical and the mental health of a person.
The talk will cover a short introduction to Tibetan medicine, physical and mental health according to Tibetan medicine, and a presentation of the Chagpori Tibetan Medical Institute.

Dr. Teinlay P. Trogawa was born in Darjeeling in 1976. He completed his formal school education in 1993 at St. Josephs College. Since then he studied Tibetan medicine under his uncle, Trogawa Rinpoche, in the traditional way, in which the essence of the teachings is passed on directly from master to student. He received teachings on the texts and practice of Tibetan medicine and completed his clinical training under the personal guidance of Rinpoche. From 1996 he also served as Trogawa Rinpoche's translator and travelled with him to Europe regularly. He was his close student and attendant until his passing away in 2005. Since then he has dedicated himself to fulfilling Rinpoches vision. At Chagpori Tibetan Medical Institute, he is continuing the work of preserving and propagating Tibetan medicine.

Zeit: Mittwoch, 14. Oktober 2009, 11:15-12:45
Ort: SR 1, Bereich Tibet- und Buddhismuskunde

Prof. Dr. Karin C. Preisendanz             Dr. Anne MacDonald