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Das frühe Werk. Band 2. Abgründige Erleuchtung. Gedichte. Deutsch und Chinesisch


Abbildung in Arbeit
Titel:Das frühe Werk. Band 2. Abgründige Erleuchtung. Gedichte. Deutsch und Chinesisch
Autor:Kubin Wolfgang
Preis:Euro 19.80
Bestellnummer:35744

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Wolfgang Kubin hielt sich während der Kulturrevolution für ein Jahr in Peking auf. Seine kritischen Erfahrungen hielt er auch poetisch fest.

Abgründige Erleuchtung (1974-1979, 1985)
Vorrede
Vierzig Jahre ist es nun her, dass ich zum ersten Mal nach Peking aufbrach. Die Reise entschied über mein Leben und Schreiben. Ich stand damals offensichtlich unter zweierlei Einfluß: Zum einen, was das Dichten betrifft, unter dem übermächtigen Eindruck der Lyrik der Tang-Zeit (618-907). Ich hatte ja ein Jahr zuvor (1973) meine Dissertation über den (zweit)wichtigsten Vertreter von deren späten Epoche, Du Mu (803-852), abgeschlossen gehabt. Zum anderen war ich für eine gewisse Zeit dem Zeitgeist verfallen gewesen. So hatten mich Theodor W. Adorno (1903-1969) und die Frankfurter Schule dank meines Philosophiestudiums (neben der Sinologie und der Germanistik mein drittes Fach) an der Ruhr-Universität Bochum geprägt. Hinzukommt, dass ich nach meiner Ankunft an dem damaligen Pekinger Fremdspracheninstitut mit der Übersetzung der Gedichte von Mao Zedong (1893-1976) begann. Bekanntlich stehen diese unter dem Vorzeichen der Tang-Lyrik (Tangshi) und des klassischen Liedes (ci) aus der Song-Zeit (960-1279).

So findet sich in den folgenden Texten ein Vokabular, welches ich aus heutiger Sicht überwiegend als eingeschränkt, ja als traditionell betrachten muß. Es verdankt sich vor allem dem, was ich beim Studium der klassischen chinesischen Dichtung gelernt habe. Die dahinter waltende Ästhetik, nämlich die des entscheidenden Bildes im letzten Vers, entstammt zwar ebenfalls der poetischen Praxis des chinesischen Mittelalters (220-960), doch ist sie angereichert durch Theodor W. Adornos Nachdenken über die Rolle der Künste in der Moderne. Während die chinesische Ästhetik mich bis heute weiterhin begleitet hat, stehe ich spätestens seit 1989 dem Diktat der Frankfurter Schule skeptisch gegenüber.

Die hier vorgelegten Texte entstanden zwischen dem November 1974 und dem Oktober 1975 sowie beim zweiten Besuch von China 1978 (Studienreise mit meinen Berliner Studenten), schließlich anläßlich eines deutsch-chinesischen Schriftstellertreffens im März 1985 (so der erste Text). Ihr ursprünglicher Titel lautete Mutter im Schoß. Hiermit sollte die Selbstbezüglichkeit der (chinesischen) Revolution zum Ausdruck gebracht werden. Ich habe mich jedoch wohl schon 1978 für den jetzigen Titel entschieden, der zwei unterschiedliche Aspekte vereinigt. Zum einen die Erleuchtung durch den Chan / Zen-Buddhismus, wie sie in vielen Gedichten von Du Mu zum Ausdruck kommt. Zum anderen die Aufklärung, welche die Frankfurter Schule gepredigt hat und weiterhin predigt. Das Adjektiv abgründig versteht sich selbstverständlich doppeldeutig. Die Tiefe der Erkenntnis menschlicher Existenz dank lyrischer Meditation halte ich nach wie vor für möglich. Dagegen scheint mir eine letztliche Einsicht in den Gang der (Welt)Geschichte zwar erstrebenswert, doch nur bedingt erreichbar.

Manche Gedichte tragen den verwirrenden Titel Ohne Titel. Hier habe ich eine Eigenart chinesischer Dichter übernommen, die seit dem Mittelalter bis heute ein Poem, dem sie kein Thema zutrauen, als titellos (wuti) charakterisieren.

Meine Einreise nach Peking erfolgte damals über Athen, Bangkok und Hongkong, meine Ausreise über Japan (Fukuoka) und wiederum Hongkong. Daher beginnt dieser Gedichtband mit der ehemaligen Kronkolonie und endet mit dem Reich der aufgehenden Sonne. Während sich mir die Schönheit der japanischen Kultur früh erschlossen hatte, habe ich einen Zugang zur chinesischen Hafenstadt erst sehr spät gefunden. Daraus erklärt sich der ideologische Vorbehalt, der in manchen Poemen zur heutigen politischen Sonderverwaltungszone anklingt. Ansonsten mag hie und da der Zeitgeist sprechen, so in dem Gedicht über die Stadt Changsha, die ich nunmehr dreimal besuchte (1975, 1978, 2011) und immer wieder anders einfing. Ich redete wohl auch einmal vom Glück der Maschinen (wahrscheinlich in dem ersten Gedicht über das Cafe im Purpurnen Bambus-Park), strich aber bei der Endredaktion diese befremdliche Wendung. Meine Korrektur dieser bald ins vierte Jahrzehnt zurückreichenden Texte hielt sich in Grenzen. Lediglich sprachliche Ungeschicklichkeiten sowie ideologisch inakzeptable Passagen erfuhren eine Verbesserung. Ferner entschied ich mich für die eine oder andere augenfreundlichere Gestaltung (Zeilung, Strophe).

Erneut gilt mein Dank dem Verleger und Yang Lian. Beide haben wie gesagt in Praxis und Theorie die Drucklegung auch dieses frühen Werkes begleitet.
Wolfgang Kubin (Beijing Foreign Studies University), Juli 2014
Verantwortlich für die chinesischen Texte: Hai Rao
136 Seiten, Zweisprachig Deutsch und Chinesisch, mit Lesebändchen, geb.

Im Boot von Guilin nach Yangshuo
Auf eine chinesische Hostess im Sheraton-Hotel von Hongkong
Hongkong, von Kowloon aus gesehen
Peking im November
Weihnachtsempfang auf der deutschen Botschaft in Peking
Cafe im Purpurnen Bambus-Park von Peking
Ohne Titel
Weihnachten 1974
Ohne Titel
Ohne Titel
Zum 17. Januar 1975
Ohne Titel
Auf eine hundertjährige Prunus mume (lamei) in der Verbotenen Stadt
Changsha
Xiangtan
Shaoshan
Am Gelben Strom
Luoyang
Der Tempel des Schlafenden Buddha, Peking 1-7
Auf eine Kellnerin in Haidian (Peking)
Im Zug von Peking nach Wuxi
Bootsfahrt auf dem Tai Hu
Madame Marxiste-Leniniste 1-12
Mr. A.B.C.
Kader in Peking
Im Zug von Shanghai nach Guilin
Im Boot von Guilin nach Yangshuo 1-2
Peking im Oktober
Zum 9.9.
Japan im Oktober 1975
Ohne Titel
Bangkok
Zurück auf der Orangeninsel
Erinnerung an T.
Changsha, Park der Märtyrer
Shaoshan, das dritte Mal
Für eine auf dem Wege nach Shanghai
Ohne Titel

Der Autor
Der Autor
Prof. Dr. Wolfgang Kubin (chin. Gu Bin) wurde 1945 in Celle als Sohn eines Berliners und einer Wienerin geboren. Er begann mit 16 Jahren zu schreiben und zu veröffentlichen. Nach dem Abitur auf dem altsprachlichen Zweig des Gymnasiums Dionysianum in Rheine begann er 1966 das Studium der ev. Theologie an der Universität Münster.

Sein Interesse an Weltliteratur ließ ihn viele Sprachen lernen, so auch das Chinesische und Japanische an den Universitäten Wien, Münster und Bochum. Nach seinem Besuch von Japan im Jahre 1969 wechselte er von der Theologie zu den Fächern Sinologie, Germanistik, Philosophie und Japanologie. 1973 wurde er mit einer Dissertation über den chinesischen Dichter Du Mu (803-852) promoviert.

1974 ging er zum Studium der modernen chinesischen Hochsprache nach Peking. 1977 wurde er wissenschaftlicher Assistent an der FU Berlin, wo er sich mit einer Arbeit über die chinesische Naturauffassung 1981 habilitierte. 1985 erfolgte der Ruf an die Universität Bonn, wo er bis 1995 modernes Chinesisch und moderne chinesische Literatur unterrichtete.

1995 wechselte er zur klassischen Sinologie an derselben Universität. Seit seiner Emeritierung im Frühjahr 2011 arbeitet er als Seniorprofessor hauptsächlich an der Beijing Foreign Studies University.

Seine Forschung und Lehre umfaßt die gesamte chinesische Literatur, die klassische chinesische Philosophie, die traditionelle chinesische Religion sowie Fragen der Germanistik und der deutschen Philosophie.

Seit Mitte der 70er Jahre ist er zunächst als Übersetzer und Wissenschaftler hervorgetreten. Seit 2000 auch verstärkt mit einem literarischen Werk, welches Lyrik, Essays und Erzählerisches umfaßt. Für alle drei Lebenswerke wurde er verschiedentlich in China und in Deutschland ausgezeichnet.

Wolfgang Kubin ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt, wenn nicht in China, in Bonn und Wien.

Im BACOPA VERLAG erscheinen ab 2014 einige neue und bereits vergriffene Titel von Wolfgang Kubin.

Bacopaverlag